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Sonntag, 8. Juni 2014

Besser als Daniel Suarez: Tom Hillenbrands Science-fiction-Krimi „Drohnenland“

Das Vorbild für Tom Hillenbrand waren ohne Zweifel Daniel Suarez’ Drohnenromane Daemon (2006) und Freedom (2010), aber die sind nur was für Hardcore-Cyber-Technik-Fans. Tom Hillenbrand muss sich gesagt haben: „Das kann ich besser“. Er übernimmt in seinem im Mai erschienenen Roman Drohnenland zwar allerlei Strukturelemente von Daemon, bleibt aber realistischer, viel näher an einer aus unserer Gegenwart heraus extrapolierten Wirklichkeit der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts. Und es ist eben ein Krimi mit einem Kommissar und seiner Assistentin, die eine überschaubare Zahl von Morden zu lösen haben, nicht so ein absurdes Gemetzel wie in Daemon.

Das Hauptthema bleibt aber wie bei Suarez die Vision einer mittels Drohnen und einer digitalen Gesamtsimulation total überwachten Welt. Große Teile der Handlung spielen im auf der Grundlage von Millionen Kameras und Sensoren erzeugten “Mirrorspace”, in den sich der Kommissar für seine Ermittlungen einscannen kann.

Für europäische Leser ist es reizvoll, aber auch beängstigend, eine gespenstische Zukunft der Europäischen Union vorgeführt zu bekommen, in der man das gerade in diesen Wochen (Juncker!) so deutlich sichtbare Nebeneinander von nationalen Machtinteressen und transnationaler (Schein-)demokratie wiedererkennt. Neu sind eine europäische Streitmacht, die in Nordafrika mit massiver Gewalt gegen die Armutsterroristen vorgegangen ist und ein europäischer Geheimdienst, der im Innern keine Morde scheut, um die Politik der Eliten zu unterstützen.

Daß die Macht der Großkonzerne die der Nationalstaaten übertrifft, ist dagegen schon heute keine Science Fiction mehr. Die gerade auf den Markt gekommene Datenbrille von Google spielt in modifizierter Form eine wichtige Rolle im Land der Drohnen.

Tja, und die Niederlande gibt es leider nicht mehr: sie stehen komplett unter Wasser. Westeuropa leidet unter monatelangen Regenzeiten. Dafür ist der Held des Romans ein niederländischer Kommissar, der von Brüssel aus operiert.

Drohnenland hat aus dem Stand Platz 5 der Krimi-Bestenliste der „Zeit“ (Zeit Nr. 24/14) erreicht. Die Rezensionen sind einmütig positiv. In der Kombination von Krimi und Science Fiction ist der Roman in dieser Qualität bei einem deutschen Autor einzigartig.


Bei Daniel Suarez folgte auf Daemon die mehr sozialutopisch orientierte Fortsetzung Freedom. Da hoffe ich doch, dass Hillenbrand auch so etwas vorhat.

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