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Donnerstag, 6. Februar 2014

Ingeborg Bachmann versus Christa Wolf – Weibliche Antagonismen als postfeministische kulturwissenschaftliche Methode

Ein Jahrtausende alter Code, schreibt Ursula März in ihrem Artikel “Bündnis der Blondinen” in der ZEIT Nr. 7, sei im RTL-Dschungelcamp gebrochen worden. Das Dschungelcamp interessiert mich nicht, aber der Code machte mich neugierig , und so las ich den ganzen Artikel.

Marilyn Monroe
Ursula März zielt nämlich auf “weibliche Antagonismen” ab, auf die “Dramaturgie des klassischen Königinnendramas”, wofür es in allen Zeiten Beispiele gebe: Krimhild und Brünhilde, Marilyn Monroe und Ava Gardner und zahllose andere: immer gehe es um den Kontrast einer Blonden mit einer Brünetten.
Ava Gardner
Soweit, so gut. Das ist ja noch nicht besonders originell, aber zum Abschluss ihrer Beispielreihe schreibt sie: “Auch Ingeborg Bachmann und Christa Wolf darf man in gewisser Weise diesem Muster und seinem Code zurechnen.”

Oh ja!?? Das fand ich im ersten Moment doch eine, gelinde gesagt, gewagte Behauptung! Dann begannen meine Neuronen neue Querverbindungen zu legen, was schließlich eine gewisse Begeisterung in mir erweckte. (Es kann natürlich sein, dass das an den erotischen Aspekten dieser Kontrastpaare liegt: schnell entflammbare Begeisterung für Blondinen, tiefe, dauerhafte Gefühle für Dunkelhaarige.)
Ingeborg Bachmann
Aber lassen wir mich mal beiseite. Der Vorschlag, dieses – wahrscheinlich von vielen als sexistisch empfundene - Muster auf zwei große deutschsprachige Schriftstellerinnen anzuwenden, die sich wahrscheinlich nie in ihrem Leben gesehen haben, hat etwas für sich und könnte der in kulturwissenschaftlichen Abstraktionen verschlungenen deutschen Germanistik ein wenig auf die Sprünge helfen.


Christa Wolf
Ursula März legt noch eine Reihe von Eigenschaften nach. Blonde seien: “naiv, spontan, unbeholfen, anarchisch, triebgesteuert, anstrengend”, Brünette dagegen: “reif, lebensklug, reserviert, überlegt, kontrolliert, unanstrengend”. Leider kann sie in ihrem kurzen Artikel, der ja dann auch um etwas ganz Anderes geht, nicht die Konsequenzen für das Paar Bachmann/Wolf ausmalen. Solch eine Ausarbeitung hätte ja hochinteressante kulturhistorische Aspekte, sobald man das alles auch auf Österreich/Westdeutschland auf der einen und die DDR auf der anderen Seite bezieht.
Welche(r) junge Literaturwissenschaftler/in stellt sich dieser Aufgabe, mit einer postfeministisch revolutionären Methode die langweilige Universitätsgermanistik aufzumischen?

P.S. Übrigens sind weder Marilyn Monroe noch Ingeborg Bachmann echte Blondinen gewesen. Sie haben nachgeholfen.

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