Cookie

Dienstag, 19. Februar 2013

Die literarische Küche: Currywurst

“… da war sie auf der dunklen Treppe ins Stolpern gekommen. Klatsch. Drei Flaschen Ketchup waren kaputt. Sie machte oben Licht, schloss die Tür auf. Ein roter Matsch. Und in dem Matsch auch noch das Currypulver aus der Dose, die sie im Auto aufgemacht hatte, um an dem Curry zu lecken. […] Glücklicherweise waren die Flaschen nicht so kleingesplittert, dass man den rotbraunen Matsch nur noch wegkippen musste. Sie fischte die Scherben aus dem Ketchup. Aber das Ketchup war verdorben, es war mit dem Currypuder vermischt. Sie holte den Abfalleimer, wollte es wegschmeißen, da leckte sie gedankenverloren an den verschmierten Fingern – leckte nochmals, hellwach, und nochmals, das schmeckte, das schmeckt, so, dass sie lachen musste, scharf, aber nicht nur scharf, etwas Fruchtigfeuchtscharfes, lachte über dieses Missgeschick, diesen schönen Zufall. […] Sie stellte die Pfanne auf das Gas und schüttete den vom Boden zusammengeschobenen Curry samt Ketchup hinein. Da, langsam, erfüllte die Küche sich mit einem Duft, einem Duft wie aus Tausendundeiner Nacht. […] Und weil sie seit dem Frühstück nichts gegessen hatte, schnipselte sie sich eine von den hautlosen Kalbsbratwürsten in die Pfanne, briet sie mit dem Currymatsch. Und was sonst nur dröge und labberig schmeckte, war fruchtigfeucht mit diesem fernen, unbeschreibbaren Geschmack. Sie saß und aß mit Genuss die erste Currywurst.”

Uwe Timm, Die Entdeckung der Currywurst (1993), 212-214
P.S.: Currywurst isst man bei einer Imbissbude. Meine Lieblingscurrywurst bekomme ich – fruchtigfeucht und extrascharf – bei der Hasenecke am Savignyplatz vor meiner Berliner Haustür. Da gibt es mindestens die zweitbeste Currywurst von Berlin.
 
Currywurstkiosk Hasenecke am Savignyplatz
 

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